Die Geschichte des Industrialismus war stets ein Kampf gegen
das 'tierhafte' Element im Menschen (...), ein ununterbrochener, oft
schmerzlicher und blutiger Prozess der Unterwerfung (natürlicher, tierhafter
und primitiver) Instinkte unter neue, immer ausgedehntere und starrere Normen
und Gewohnheiten der Ordnung, Genauigkeit und Präzision (...) Bisher sind die
erzielten Erfolge, obwohl vom unmittelbar praktischen Standpunkt äußerst
wertvoll, größtenteils rein mechanisch, sie sind nicht zu einer 'zweiten
Natur' geworden.
...
Wenn der Anpassungsprozeß erfolgt ist, zeigt sich in Wirklichkeit, dass das
Gehirn des Arbeiters, anstatt zu veröden, einen Zustand völliger Freiheit
erreicht hat. Nur die physische Geste ist völlig mechanisiert: das berufliche
Gedächtnis, auf einfache, mit intensivem Rhythmus wiederholte Gesten reduziert,
hat sich in den Muskel- und Nervensträngen eingenistet und so das Gehirn frei
für andere Beschäftigung gemacht. So wie man geht, ohne an alle notwendigen
Bewegungen zu denken, damit alle Körperteile in eben jener Weise, die zum Gehen
erforderlich ist, synchron bewegt werden, so ist es in der Industrie mit den
Grundgesten des Berufs und wird es auch in Zukunft sein. Man geht automatisch
und zugleich denkt man, was man möchte.
aus: Philosophie der Praxis (1926-1937)
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